Die Macht des eigenen Weltbildes

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01023wUnser Weltbild ist wohl der mächtigste Aspekt unserer Psyche. Was es so mächtig macht ist, dass sich die meisten Menschen gar nicht darüber bewusst sind, wie ihr Weltbild ihre Wahrnehmung der Welt beeinflusst. Unser Weltbild ist wie ein Paar Kontaktlinsen, wenn man sie erstmal eine Weile getragen und sich an sie gewöhnt hat, nimmt man sie nicht mehr bewusst wahr. Leider ist es nicht so leicht, sich über das eigene Weltbild bewusst zu werden, wie sich daran zu erinnern, dass man Kontaktlinsen trägt.



Sich ein Weltbild aneignen

Ihre wesentlichen Überzeugungen haben sich alle Menschen während der Kindheit angeeignet. Keiner hatte dabei eine große Wahl was diese Überzeugungen betraf, denn als Kind übernehmen wir die Überzeugungen unseres kulturellen Umfelds, ohne sie dabei zu hinterfragen oder auf ihre Gültigkeit hin zu überprüfen. Die meisten Überzeugungen werden uns dabei nicht mal explizit beigebracht, sondern wir übernehmen sie allein durch die Beobachtung des Verhaltens anderer Menschen - speziell der eigenen Eltern.


Terrence McKenna - Kultur als Betriebssystem

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Der amerikanische Autor Terrence McKenna verglich in vielen seiner Vorträge Kultur mit dem Betriebssystem eines Computers. Die meiste Zeit beschäftigen wir uns nur mit den Programmen, die wir verwenden und kümmern uns deshalb nicht um die zugrundeliegenden Annahmen unserer Kultur. Terrence McKenna empfohl die Einnahme bewusstseinsverändernder Drogen als Weg, um das Betriebssystem zu transzendieren und die wahre Essenz unseres Wesens zu erfahren. Nur von außerhalb der Begrenzungen des Betriebssystems ist es möglich zu einer wirklich unabhängigen Einschätzung der eigenen Lebensumstände zu gelangen und darüber nachzudenken, was es eigentlich bedeutet Mensch zu sein. Die Einnahme von Drogen mag als "schneller Weg" zu tief spirituellen Erfahrungen gesehen werden, aber dieser Weg hat eine Vielzahl von schwer abschätzbaren Risiken, denn es ist gut möglich, dass man mit den gemachten Erfahrungen nicht umgehen kann und dadurch erhebliche psychische Schäden davon trägt. Zum Glück muss man für die Kultur transzendierende Erfahrungen keine Drogen nehmen, denn es gibt auch sanfte Methoden, wie z.B. Meditation. Der Weg der Meditation ist gefahrlos und angenehm, braucht aber definitiv deutlich mehr Zeit und vor allem Hingabe und Willen, um zu zufriedenstellenden Ergebnissen zu gelangen.

Die Metapher des Betriebssystems ist wirklich passend, denn man kann mit ihr gut zeigen, wieso Themen, die jenseits der bestehenden Kultur liegen - z.B. außerkörperliche Erfahrungen - nicht durch das Betriebssystem Materialismus 1.0 der westlichen Kultur unterstützt werden. Wenn man aber sein Betriebssystem aufrüstet und Bewusstsein-basiertes Universum 2.0 installiert dann unterstützt dieses neue Betriebssystem eine Vielzahl von Plug-Ins, die mit Materialismus 1.0 nicht kompatibel waren.


Überzeugungen und das Unterbewusstsein

Obwohl wir vielleicht glauben, dass unser bewusster Verstand alle unsere Überzeugungen gespeichert hat, so trifft dies nur für einen kleinen Teil unserer Überzeugungen zu. Die meisten unserer Überzeugungen werden durch unser Unterbewusstsein gespeichert und wir sind uns über die dort gespeicherten Überzeugungen nicht bewusst. Das Unterbewusstsein verhält sich ähnlich wie ein Diktiergerät und es hat seit unserer Kindheit alle unsere Überzeugungen aufgezeichnet, obwohl unser bewusster Verstand die meisten Ereignisse, welche diesen Überzeugungen zugrunde liegen, längst vergessen hat. Trotzdem wiederholt unser Unterbewusstsein die damals aufgezeichneten Überzeugungen so lange, bis wir beginnen sie zu erforschen, sie uns bewusst zu machen und schließlich an ihnen zu arbeiten, um sie eventuell zu verändern. Eine Vielzahl dieser unbewussten Überzeugungen basieren auf negativen Erfahrungen z.B. wenn uns gesagt wurde, dass wir nicht gut genug sind oder dass wir es nicht verdienen ein höheres Gehalt zu bekommen.


John Lilly's Experimente

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John Lilly war ein Neurowissenschaftler und Psychoanalyst. Er bekam in den 60er Jahren Zugang zu bewusstseinsverändernden Substanzen wie LSD und führte eine Reihe von Experimenten durch bei denen er selbst LSD einnahm, während er sich in einem von Licht und Schall abgeschirmten Isolationstank befand. Eine der wesentlichsten Entdeckungen seiner Experimente war, dass was immer man glaubt wahr zu sein auch wahr ist oder man sorgt dafür, dass es wahr wird : Der Verstand erschafft sich ein Weltbild und dann handelt man im Einklang mit diesem Weltbild. Dadurch, dass man bestimmte Dinge als wahr anerkennt und andere Dinge als Fantasie einstuft, erschafft man eine Welt, die das eigenen Weltbild bestätigt.


Erkenntnistheorie

Aus der Erkenntnistheorie ist bekannt, dass das Loslassen von fundamentalen Überzeugungen viele Ängste auslöst, weil die meisten Menschen sich völlig mit ihrem Weltbild identifizieren und somit über ihr Weltbild definieren, wer sie sind. An Leid-erzeugenden und einschränkenden Überzeugungen festzuhalten ist eines der Kernprobleme unserer Gesellschaft.

Falls Sie bei sich einschränkende Überzeugungen entdecken, gibt es einige hilfreiche Fragen, die Sie sich in einem ruhigen Moment der Selbstreflektion stellen können : Ist diese Überzeugung wahr ? Kann ich absolut sicher sein, dass diese Überzeugung wahr ist ? Was wäre ich, ohne diese Überzeugung ?

Es mag sich seltsam anhören, aber sie sollten wirklich nicht alles glauben, was sie denken. Der permanente Gedankenstrom, der uns durch der Kopf saust, basiert im wesentlichen auf negativen und limitierenden Überzeugung. Wir können uns nur von diesen Limitierungen befreien, indem wir lernen loszulassen, denn sonst werden wir von den eigenen Überzeugungen unser ganzes Leben lang beherrscht.


Erich Fromm und Freiheit

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Im Jahr 1941 schrieb Psychologe und Philosoph Erich Fromm sein Buch "Die Furcht vor der Freiheit". Fromm sah Freiheit als einen Aspekt der menschlichen Natur an, den sich einige Menschen zu Eigen machen, vor dem aber viele Menschen auf der Flucht sind. Er stufte Menschen als gesund ein, welche die eigene Willsensfreiheit annehmen und sah die Furcht vor Freiheit als die Wurzel vieler psychologischer Konflikte. Fromm identifierte drei Fluchtmechanismen :



Vom kindlichen Weltbild zum bewussten Kind

Als Kinder wachsen wir alle mit einer kindlich-naiven Vorstellung einer beschützten heilen Welt auf, die zunächst von unseren Eltern und dann im weiteren Sinne durch staatliche Organe wie der Polizei aufrecht erhalten wird. Das Empfinden, andere werden schon für Ordnung sorgen, führt allerdings im westlichen Kulturkreis häufig zu Anspruchsdenken und dem Abgeben der Verantwortung für die eigenen Lebensumstände. Es gibt seitens der Politik und des Bildungssystems klare Interessen die Menschen dauerhaft im kindlichen Weltbild zu halten, denn nur so kann man Menschen durch permanentes Schüren von Ängsten unter Kontrolle halten. Solange die Bevölkerung nach Hilfe von Vater Staat für alle Probleme ruft, traut sich niemand die Institution Staat zu hinterfragen. Eine Eigenschaft von Menschen mit kindlichem Weltbild ist, dass sie glauben schon alle wichtigen Dinge über die Welt zu wissen, weshalb sie auch jegliche Informationen, die nicht ins kindliche Weltbild passen als unwichtig abtun. Ihr Vertrauen in Politik und Massenmedien als die einzige Quelle dafür, was real und wichtig ist, wird somit für die meisten Menschen zum Hauptgrund, warum sie ihr ganzes Leben in einer Kinderwelt verbringen.

Der Austritt aus der Kinderwelt in die "tatsächliche Welt" ist meist mit unangenehmen Erfahrungen verbunden, die das kindliche Weltbild sprengen und eine Neuorientierung erfordern. Bei indigenen Völkern gibt es Rituale des Erwachsenwerdens bei denen diese heile Kinderwelt bewusst durch traumatische Erfahrungen zerstört wird. Im westlichen Kulturkreis hingegen wurden jegliche Initiationsrituale abgeschafft. Somit bleibt Menschen bei uns zum einen der Weg einer langsamen Bewusstwerdung durch Arbeit an sich selbst oder aber man wird vom Leben mit einer schockierenden Erfahrung konfrontiert, die weder verdrängt noch ins kindliche Weltbild integriert werden kann und somit eine Neuorientierung erzwingt. Da in der "tatsächlichen Welt" viele der kindlichen Vorstellungen als falsch erkannt werden, ist dieser Schritt - speziell wenn er durch eine Schockerfahrung ausgelöst wird - mit viel Angst und Verunsicherung verbunden, da zunächst jegliche Orientierung für den Aufbau eines neuen Weltbilds fehlt.

In einem dritten Schritt ist es möglich auch diese "tatsächliche Welt" als Illusion zu erkennen und in die Welt des "bewussten Kindes" einzutreten. Diese dritte Ebene ist wieder eine heile Welt, aber sie hat transzendentalen Charakter und kann nur durch Innenschau erlebt werden, ein Konzept, das vom rein rationalen Verstand eher nicht erfasst werden kann. Das Erleben der tatsächlich wirkenden Kraft hinter unserer Realität kann man sich auf viele unterschiedliche Weisen erschließen, aber eine Abkürzung, um direkt aus der Kinderwelt in die Welt des "bewussten Kindes" zu gelangen gibt es wohl nicht.

(Weitere Informationen zum Thema Kinderwelt gibt es in einem interessanten deutsch-sprachigen Interview mit Alexander Wagandt im Quellen-Bereich)


Tiefgreifender Perspektivenwechsel

Ein tiefgreifender Perspektivenwechsel wie der Eintritt in die "tatsächliche Welt" kann profunde Auswirkungen darauf haben, wie man sich fühlt und wie man handelt. Es ist für viele Menschen schwer nachzuvollziehen, dass man so einen Perspektivenwechsel nicht als Gedankenexperiment im Verstand simulieren kann, denn er findet auf einer tieferen Ebene als der des Denkens statt. Es handelt sich um eine Veränderung des Seinszustands und das Konzept des "Seins" ist dem Verstand fremd, denn der Verstand ist auf Handlungen ausgerichtet und nicht aufs Sein.

Eine Veränderung des Seinszustands ist die Krux mit der sich viele mystische Traditionen beschäftigen. Jedes Mal, wenn wir mit neuen Informationen konfrontiert werden, brauchen wir eine Anknüpfungspunkt im Modell der Realität, das wir uns aufgebaut haben, an den wir die neue Information anfügen können. Wenn wir keinen solchen Anknüfungspunkt finden, wird die neue Information einfach verworfen, weil sie nicht wahr sein kann. Das bestehende Model auf seine Validität hin zu hinterfragen ist ein Schritt, den nur wenige Menschen freiwillig vollziehen, weshalb die Erfahrung bewusst in der "wirklichen Welt" zu leben den Menschen vorbehalten bleibt, die sich unnachgiebig auf die Suche nach Wahrheit und Weisheit begeben haben und dabei nicht davor zurückschrecken "alles" zu hinterfragen.

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Der indische Mystiker und Philosoph Osho hat mal folgendes gesagt : " Jeder der Dir ein Weltbild vorgibt, ist dein Feind, denn ein Weltbild wird zu einem Hindernis vor Deinen Augen, sodass Du die Wahrheit nicht erkennen kannst".




Woran soll ich denn dann glauben ?

Um zur Analogie vom Beginn dieses Artikels zurückzukehren : Der beste Weg mit Weltbildern umzugehen ist, sie wie eine Brille zu betrachten. Sie besitzen vielleicht eine Lesebrille, eine Sonnenbrille und eine Taucherbrille. Jede dieser Brillen hat ihren Zweck und kann nützlich oder unzweckgemäß sein, je nach Situation und Gegebenheiten. Sich auf ein einzelnes Weltbild zu beschränken, ist nicht wirklich klug, denn dadurch limitiert man sich selbst nur Erfahrungen zu machen, die zu diesem einen Weltbild passen. Jede Erfahrung, die man nicht irgendeiner Schublade im bestehenden Weltbild zuordnen kann, muss somit verleugnet werden und man sagt sich einfach, dass man sich das bestimmt nur eingebildet hat. Es kann nicht real gewesen sein, weil das bestehene Weltbild besagt, dass es so etwas nicht geben kann.

Wenn man eine Vielzahl von Weltbildern anderer Kulturen kennt, hat man die Möglichkeit auf ein anderes Weltbild zurückzugreifen, falls man mal mit einer Erfahrung konfrontiert wird, die das eigene primäre Weltbild nicht erklären kann. Dadurch eröffnet man sich die Möglichkeit für eine Vielzahl außergewöhnlicher Erfahrungen. Solange diese unterschiedlichen Weltbilder jedoch untereinander über keine Anknüpfungspunkte verfügen, kann dies ziemlich verwirrend sein und erfordert eine gewisse mentale Stabilität. Es kann aber auf jeden Fall hilfreich sein, unterschiedliche Weltbilder dazu zu nutzen, um eine Erfahrung aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten :

Stellen Sie sich vor eine Erfahrung würde durch ein 3-dimensionales Objekt repräsentiert. In dieser Analogie ist ihr Verstand nur in der Lage 2-dimensional wahrzunehmen, sie sind sich aber über diese Beschränkung nicht bewusst. Alles was sie wahrnehmen ist eine 2-dimensionale Schnittfläche des 3-dimensionalen Objekts, die ihrer limitierten Wahrnehmung der Erfahrung repräsentiert. Aus Sicht ihres Verstandes, entspricht diese Wahrnehmung ziemlich genau dem, was auch jemand anderes erleben würde, der in die gleiche Situation gerät wie Sie. Wenn Sie sich aber nun bewusst würden, dass Sie die Möglichkeit haben, die Erfahrung aus einer anderen Perspektive zu betrachten, dann könnten Sie Ihre 2-dimensionale Wahrnehmungsebene in einem anderen Winkel ausrichten als zuvor. Dadurch dass man eine Erfahrung aus mehreren unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet, kann man sich ein viel ganzheitlicheres Bild machen, das der wahren Natur der Erfahrung auf jeden Fall näher kommt, als eine auf einen Blickwinkel reduzierte Wahrnehmung.

Nur an einem Weltbild festzuhalten - vor allem wenn einem dies durch die Medien von Autoritätspersonen vermittelt wird - ist viel einfacher als sich eventuell widersprechende Weltbilder parallel im Verstand zu halten und diese regelmäßig gegeneinander auf ihre Gültigkeit abzugleichen. Jede Form des übermäßig vereinfachenden Denkens wird von vielen Autoritätspersonen angewendet, weil große Teile der Bevölkerung gerne einfache Erklärungen für in Wirklichkeit hoch-komplexe Ereignisse bekommen wollen. Einfach gestrickte Menschen wollen in ihrer Vorstellung bekräftigt werden, dass jemand die Lage im Griff hat und dass diese Person weiß, was geschieht und wie alle Probleme zu lösen sind.

Um die Illusion der Vereinfachbarkeit zu durchschauen, bedarf es des Verlangens eine tiefere Wahrheit zu ergründen, auch wenn dieses Streben nach Wahrheit zu einem geradezu überwältigenden Netz komplexer Abhängigkeiten führt und man erkennt wie wenig der Ablauf der Geschehnisse durch jene Autoritätspersonen kontrolliert wird, die angeblich alles im Griff haben. Diese Einsicht kann befreiend und beängstigend zugleich sein, welches von beidem überwiegt, hängt davon ab, ob man die eigene Wahlfreiheit annimmt und nutzt oder ob man davor zurückschreckt Verantwortung fürs eigene Leben zu übernehmen.


quelle:matrixwissen.de