Das Erfolgsrezept von Island: "Wir haben die Banken pleitegehen lassen"

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Viele Gesichter auf Island hellen sich dieser Tage auf, weil neben dem schrecklich dunklen Winter auch die Schatten der Finanzkrise endlich zu verschwinden scheinen.
"Es ist wieder Optimismus da, das spürt man überall", berichtet Sparberater Ingolfur Ingolfsson aus Reykjavik und sieht einen konkreten Grund: Den isländischen Sieg bei einer Milliarden-Klage von Großbritannien und den Niederlanden vor dem EFTA-Gericht in Luxemburg zu Schulden der heimischen Pleitebank Icesave.



So wie Icesave beim Kollaps der Banken in Island 2008 zum Negativ-Symbol für größenwahnsinnige Kreditabenteuer wurde, ist es jetzt Symbol für den Erfolg eigenwilliger Krisenbewältigung auf der Atlantikinsel. Die Luxemburger Richter bestätigten der Regierung und damit dem Steuerzahler Ende Jänner, dass sie nicht für die Einlagen von 340.000 ausländischen Icesave-Kunden geradezustehen haben.

Die fällige Summe von bis zu 3,8 Mrd. Euro, gut ein halber isländischer Staatshaushalt, wird trotzdem bis auf den letzten Cent aus Reykjavik zurückgezahlt. Aber aus dem Restvermögen der früheren Icesave-Mutter Landsbanki. Trotzig und am Ende erfolgreich hatten die Isländer bei gleich zwei Volksabstimmungen die von ihrer Regierung schon fix und fertig ausgehandelte Übernahme der Zahlungsverpflichtungen abgelehnt.

Beistand leistete den 320.000 oft durch hoffnungslose Privatschulden seit 2008 gebeutelten Bürgern ihr Präsident Olafur Ragnar Grímsson. Er hatte die Unterschrift unter das Abkommen zur Schuldentilgung für Icesave verweigert.

Als ihm auch das Luxemburger Gericht recht gab, konnte der frühere Linkssozialist beim Weltwirtschaftsforum in Davos mit dem isländischen Rezept gegen die Finanzkrise von Interview zu Interview ziehen.

Banken sind keine "heiligen Kühe" 

"Wir haben die Banken pleitegehen lassen, wir haben den Armen geholfen und keine Sparprogramme durchgedrückt", erläuterte der Isländer einem Reporter des TV-Senders Al-Jazeera. Auch in anderen europäischen Ländern solle man verantwortungslose Banken "nicht wie heilige Kühe behandeln". Daheim in Island dürften viele gekündigte Lehrer und Krankenschwestern und für immer hoffnungslos verschuldete Familien eine etwas andere Sicht der Krisenfolgen haben.

Alles in allem aber besteht Einigkeit, dass die Isländer schneller und umfassender ihre noch 2008 völlig hoffnungslos wirkenden Schulden in den Griff bekommen und die Wirtschaft neu in Gang gebracht haben. Die drei Banken Kaupthing, Glitnir und Landsbanki hatten beim Zusammenbruch Schulden in Höhe des Zehnfachen des isländischen Bruttoinlandsprodukts angehäuft.

Sie schreiben jetzt, teilweise mit neuen Namen, wieder schwarze Zahlen, während die formell abgetrennten "alten" Banken offenbar in der Lage sind, ihre Schulden auch ohne Staatshilfe aus eigenen Vermögenswerten abzutragen.



Die Arbeitslosigkeit beträgt nur noch 5,6 Prozent, und auch das Wirtschaftswachstum von zuletzt 2,6 Prozent macht im internationalen Vergleich einiges her. Der dabei entscheidenden Fischerei hilft nach wie vor der niedrige Kurs der heimischen Krone. Dass auch nach mehr als vier Jahren strenge Devisenregeln in Kraft sind, gehört zu den für Unternehmen wie Privatbürgern unangenehmen Folgen des isländischen Krisenmanagements. Ausländische Währung gibt es nur auf Antrag und in begrenzter Menge.



Lob von Moody's 



Die Ratingagentur Moody’s hat außerden den Ausblick für die Bonitätsnote von Island “Baa3” von negativ auf stabil revidiert. Die Revision des Ratingausblicks sei auf das gesunkene “Ereignisrisiko” zurückzuführen, nachdem der Gerichtshof der Europäischen Freihandelszone (EFTA) am 28. Januar zugunsten Islands entschieden habe, erklärte Moody’s. Hätte das Land das Verfahren verloren, so hätten die Niederlande und Großbritannien Schadensersatz von bis zu 335 Mrd. Kronen (1,95 Mrd. Euro) fordern können, was 20 Prozent der Wirtschaftsleistung des Landes entspricht, schätzte der Internationale Währungsfonds.

“Der EFTA-Gerichtsentscheid ist das günstigste Ergebnis, das für die isländische Regierung möglich war, und beseitigt ein wichtiges negatives Ereignisrisiko für das Land”, schrieb Moody’s in einer Erklärung, die am Donnerstag in London veröffentlicht wurde. Die Entscheidung des EFTA-Gerichts “kommt zusätzlich zu einer Reihe von positiven Entwicklungen in Island im vergangenen Jahr, insbesondere bezüglich der öffentlichen Finanzen Islands sowie der erwarteten Schuldentrends.” Baa3 ist bei Moody’s die niedrigste Bonitätsnote in der Kategorie Investmentgrade.

“Die isländische Wirtschaft hat die durch die Krise ausgelöste Rezession eindeutig hinter sich gelassen und wächst nun mit angemessenem Tempo”, heißt es in der Erklärung. “Moody’s rechnet in diesem Jahr mit einem BIP-Wachstum von etwa 2,5 Prozent, nach einer Steigerungsrate von 2,6 Prozent 2011 und schätzungsweise 2,2 Prozent 2012.”


quelle: http://www.format.at